Bonnstraße: Warum ich mir mehr Transparenz gewünscht hätte

Weil gute Entscheidungen vollständige Informationen brauchen – gerade wenn es um Sicherheit und 91.000 € Eigenmittel geht.

Die Entscheidung zur Umgestaltung der Bonnstraße hat in der Brühler Politik und auf Social Media für Diskussionen gesorgt. Die SPD und die Grünen verkündeten nach der Sitzung des Ausschusses für Verkehr und Mobilität vom 18.11.2025 eine schnelle Verbesserung der Sicherheit für Radfahrende und stellten die Entscheidung als klares Fortschreiten in der Mobilitätswende dar.

Doch ein zentraler Punkt ging in der öffentlichen Darstellung verloren:

Die CDU-Fraktion hatte eine Vertagung um vier Wochen beantragt, um fehlende Pflichtinformationen nachzureichen – Informationen, die für eine verantwortungsvolle Entscheidung zwingend notwendig sind.

Dieser Antrag wurde mit den Stimmen von SPD, Grünen, Linken und Volt abgelehnt.

Warum ich das kritisch sehe – und warum ich mich am Ende enthalten habe – erläutere ich hier transparent.

1. Was in der städtischen Vorlage fehlte (und warum das relevant ist)

In der öffentlichen Vorlage „Radverkehrsführung Bonnstraße“ (Drucksache 237/2025) fehlen mehrere entscheidende Informationen, die für die Beurteilung einer Investition in Höhe von insgesamt 256.000 € – davon 91.000 € Eigenanteil (wenn die Förderung zustande kommt, was aktuell noch nicht sicher ist) der Stadt Brühl – zwingend notwendig gewesen wären.

Konkret fehlen u. a.:

🔹 Unfallstatistiken der letzten Jahre

Gerade wenn Sicherheitsargumente als Hauptgrund angeführt werden, müssen diese auch objektiv belegt werden.

In der Vorlage finden sich keinerlei konkrete Zahlen zu Unfällen, Dooring-Vorfällen oder Konfliktpunkten. (vgl. Vorlage Seiten 1–6)  

🔹 Informationen zur Rolle der Bezirksregierung

In der Ratsvorlage wird an keiner Stelle ausgeführt, welche Hinweise, Auflagen oder Empfehlungen die Bezirksregierung zur Umgestaltung gegeben hat oder ob überhaupt eine Anweisung vorlag.

Diese Informationen sind normalerweise Standard – hier fehlen sie.

🔹 Keine Bewertung von Alternativen gegenüber Sicherheit und Haushalt

Zwar werden die Varianten 1–4 beschrieben, aber es fehlt eine klare Verhältnismäßigkeitsprüfung zwischen Kosten, konkretem Sicherheitsgewinn und haushaltswirtschaftlicher Lage.

🔹 Kein Hinweis darauf, dass eine Vertagung die Förderfähigkeit NICHT gefährdet hätte

Eine vierwöchige Verschiebung hätte – nach Rücksprache im Ausschuss – keinerlei Auswirkungen auf die Förderanträge gehabt.

2. Warum wir eine vierwöchige Vertagung beantragt haben

Unser Antrag diente ausschließlich dem Zweck, eine sachgerechte, informierte und solide Entscheidung treffen zu können.

Wir wollten:

•belastbare Unfallzahlen

•eine klare Stellungnahme der Bezirksregierung

•ggf. Alternativen mit Kosten-/Nutzen-Vergleich

•eine vollumfängliche Bewertung des Sicherheitsgewinns

Wir reden hier über eine Maßnahme mit 91.000 € Eigenanteil, also Steuergeld – in Zeiten eines ohnehin angespannten Haushalts.

Vertrauen in die Verwaltung ist wichtig.

Aber Vertrauen ersetzt keine Daten!

Die vier Wochen hätten gereicht, um die fehlenden Informationen nachzuliefern – ohne Nachteile, ohne Zeitverlust, ohne Risiko für Fördermittel.

3. Warum ich mich letztlich enthalten habe

Ich bin nicht grundsätzlich gegen die Maßnahme.

Variante 4 ist – wie die Vorlage selbst darlegt – eine vergleichsweise kostengünstige, schnell umsetzbare Lösung, die zukünftige Varianten (Einbahnstraße, Fahrradstraße) nicht verbaut.

Aber:

•Es fehlen objektive Sicherheitsdaten.

•Die Begründung basiert weitgehend auf subjektiven Einschätzungen (z. B. „Scheinsicherheit“, „gefühlte Gefahren“ — Vorlage S. 1–3).  

•Die Maßnahme kostet dennoch 91.000 € Eigenmittel – bei erkennbaren Haushaltsrisiken.

•Die Beschlussfassung wurde trotz erkennbar unvollständiger Informationslage durchgedrückt.

Eine Enthaltung ist in solchen Fällen der verantwortungsvollste Weg:

Nicht blockieren, aber auch nicht blind abnicken.

4. Was die SPD öffentlich schreibt – und was in der Vorlage wirklich steht

Die SPD schreibt:

„Damit schaffen wir auf der Bonnstraße schnellstmöglich mehr Sicherheit für alle Radfahrenden…“

In der Vorlage wird jedoch ausdrücklich gesagt:

•Piktogrammketten verändern das subjektive Sicherheitsgefühl, objektiv sei die Sicherheit vergleichbar (S. 5).

•Eine konkrete Unfallanalyse fehlt vollständig.

•Die Probleme der aktuellen Verkehrsführung werden weitgehend theoretisch begründet (Regelwerke, Standardwerte), nicht empirisch.

Die Aussage „mehr Sicherheit“ kann daher nicht belegt werden.

Es könnte stimmen – aber es steht nicht in der Vorlage.

5. Was die Grünen öffentlich schreiben – und was fehlt

Die Grünen schreiben:

„Die Linien am Radweg entfallen, stattdessen weisen Piktogramme auf Radfahrende hin – das erhöht nachweislich deren Sicherheit.“

In der städtischen Vorlage gibt es keinen einzigen Verweis auf einen wissenschaftlichen Nachweis, keine Studie, keine Unfallstatistik.

Der Begriff „nachweislich“ wird im Dokument nicht gestützt.

Ebenfalls wichtig:

Die Grünen werben stark mit einem überschminkten „Mehr Sicherheit für Radfahrende“-Narrativ, obwohl die Vorlage selbst sehr vorsichtig formuliert:

•„Das subjektive Sicherheitsgefühl kann sich verringern“ (S. 5).

•„Piktogrammketten stellen keine objektiv unsicherere Radverkehrsführung dar“ (S. 5) – also: nicht schlechter, aber nicht ausdrücklich „besser“.

Das ist ein großer Unterschied zur Behauptung der Grünen.

6. Fazit: Transparenz ist keine Verzögerung – sondern Voraussetzung guter Politik

Die Maßnahme an der Bonnstraße mag sinnvoll sein.

Aber sie muss solide begründet und vollständig dokumentiert sein – erst recht, wenn Steuermittel eingesetzt werden.

Unsere Enthaltung ist kein „Nein“ zur Maßnahme.

Sie ist ein Ja zu ordentlicher, transparenter und nachvollziehbarer Entscheidungsfindung.

Wir bleiben gesprächsbereit, konstruktiv und offen für Verbesserungen – aber wir erwarten, dass Vorlagen vollständig, faktenbasiert und objektiv sind.

Nur so kann Politik Vertrauen schaffen.

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